Dirk Miklikowski im Exklusiv-Interview

Das Interview zum Nachlesen

Herr Miklikowski, wer oder was ist der Allbau?

Wir sind ein kommunales Wohnungsunternehmen, das zweitgrößte in Nordrhein‑Westfalen. In der Folge haben wir eine ganz besondere Verantwortung für unsere Kundinnen und Kunden, aber auch für die Bestände, die wir verwalten. In den letzten Jahren verfolgen wir konsequent unsere Modernisierungsstrategie.

Von 2019 bis Ende 2022 waren es 750 Wohneinheiten, die wir in die Modernisierung genommen und auch weitgehend abgeschlossen haben. Für das Folgejahr stehen noch mal 450 Wohneinheiten an – und bereits heute haben wir für 2024 weitere 370 Wohneinheiten definiert.

In den letzten drei Jahren waren das in Zahlen 58 Millionen Euro, die wir investiert haben. Für 2023 liegen uns bereits Förderbescheide des Landes NRW mit über 39 Millionen Euro vor, die wir verausgaben. Die Größenordnung für 2024 liegt voraussichtlich bei 33 Millionen Euro. Eine stolze Zahl mit Blick auf die Anzahl der Projekte, aber auch mit Blick auf die Kosten.

Welchen Einfluss haben die Maßnahmen für die Mieter? Worauf können sie sich freuen?

Im Wesentlichen sind es sogenannte energetische Modernisierungsmaßnahmen, von denen der Mieter profitiert. Die Maßnahmen betreffen die Gebäudehülle, das Dach, Fenster, Kellerdecken, die Dachdeckendämmung, die Erneuerung der Fassade, insbesondere mit einer Dämmung verbunden. Zudem geht es um den Austausch von Wärmeversorgungs‑ oder Wärmeerzeugungsanlagen. In der Regel haben wir in diesen Beständen noch Nachtstromspeicherheizungen, die tatsächlich energieineffizient sind und tauschen diese gegen wassergeführte zentrale Heizungsanlagen aus. Mittlerweile sogar mit ganz modernen Technologien, das heißt, die Wärmeerzeugung erfolgt über Luftwärmepumpen, aber auch mit Fernwärme. Alles Themen, die am Ende das Ziel verfolgen, die CO₂‑Bilanz der Gebäude zu reduzieren. Also nicht nur den Energieverbrauch deutlich zu senken, sondern auch die CO₂‑Emissionen, um auch die Klimaschutzziele, die wir haben, am Ende erreichen zu können.

Komplementär greifen wir ein und investieren in Maßnahmen, die generell die Qualität des Wohnens verbessern. Wir bauen Balkone an und erneuern die Elektroinstallationen in den Gebäuden. Da, wo es notwendig ist, wird auch das Treppenhaus verschönert. Das Entree wird angenehmer gemacht. Am Ende soll eine Adresse entstehen, wo die Menschen sich nicht nur energiebezogen, sondern auch mit Blick auf die Optik wohlfühlen.

Das hört sich umfangreich an. Kommen damit Mieterhöhungen auf die Mieter zu? Oder können sie andererseits vielleicht mit Einsparungen durch die neuen Heizsysteme rechnen?

Auch wenn eine Modernisierung mit hohen Anteilen öffentlicher Mittel gefördert wird, ist es tatsächlich so, dass Mietanpassungen anstehen, die umgesetzt werden müssen.

Das sind bei uns zurzeit im Regelfall 1,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und Monat, den die Mieter dann nach der Modernisierung mehr zu zahlen haben. Wir machen das in zwei Schritten, damit dieser Anstieg auch sozial, wenn man so will, abgefedert ist. Im ersten Schritt um einen Euro und der Rest dann im zweiten Schritt. Dagegen stehen Einsparungen bei den Energiekosten in einer Größenordnung von ungefähr 90 Cent. Das ist der Mittelwert, mit dem wir in der Regel operieren. Das heißt, die Wohnkostenbelastung ist im Grunde etwas höher, aber wir bieten auch eine ganz andere Qualität.
 
Nach Abschluss der laufenden Bauvorhaben werden die Mieten bei den Projekten maximal 6,60 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche betragen. Das ist hinsichtlich der Qualität, die wir schaffen, sicherlich immer noch eine Größenordnung, die man als bezahlbar bezeichnen kann.

Mit welchen Beeinträchtigungen müssen Ihre Mieter rechnen, während die Maßnahmen laufen? Und wie lange?

Im Regelfall gehen wir immer an die Fassade. Das heißt, die Fassade wird nicht erneuert, sondern sie wird quasi aufgedoppelt. Es wird eine Dämmung aufgebracht. Zudem werden die Dächer in der Regel erneuert. Dafür müssen Gerüste gestellt werden. Auch Fenster werden oft ausgetauscht. Man kann sich vorstellen, dass all die Arbeiten auch zu einer Beeinträchtigung bei der wohnlichen Nutzung führen. Das ist leider nicht vermeidbar, weil am Ende wir nur über solche technischen Vorgehensweisen auch die entsprechenden Maßnahmen umgesetzt bekommen. Wir achten immer darauf, dass wir die Zeiten so kurz wie möglich halten. Es trifft die Mieter auch nicht überraschend, weil wir spätestens drei Monate vor Durchführung über die Maßnahmen informieren, sodass auch jeder sich ein Stück weit darauf einstellen kann.

Einhergehend mit der Erneuerung einer Wärmeversorgungsanlage: Kommt hier eine Veränderung bezüglich der Nebenkosten auf den Mieter zu?

Die Mieter mieten bei uns eine Wohnung an. Ein Großteil der Objekte ist noch mit Nachtstromspeicherheizungen ausgestattet. Das bedeutet, wir haben einen Mietvertrag für die Wohnung und der Mieter hatte einen individuellen Stromliefervertrag für die Stromheizung in seiner Wohnung. Das wird aufgehoben: Über den Einbau einer zentralen Wärmeversorgungsanlage werden die Heizkosten inkludiert in den Mietvertrag, der mit uns geschlossen ist. Wir rechnen die Kosten, die dann entstehen, im Rahmen einer jährlich stattfindenden Heizkostenabrechnung mit unseren Kundinnen und Kunden ab.

Der Allbau schafft Wohn- und Lebensqualität.

Wie kommt es im Laufe der Zeit doch zu einer Kostensteigerung, obwohl die Energieeffizienz sich verbessert hat?

Die Heizkosten, die wir vor und nach der Modernisierung haben, unterscheiden sich tatsächlich maßgeblich, weil die Energieeffizienz des Gebäudes verändert wird. Wir stellen in der Kommunikation mit unseren Mieterinnen und Mietern oftmals fest, dass sie sich wundern, warum die Heizkosten nach drei Jahren dennoch annähernd wieder so hoch sind wie vorher. Das hat folgenden Grund: Es wird zwar weniger Energie verbraucht, mit der Zeit wird Heizenergie aber auch einfach teurer. Und gerade in der aktuellen Zeit sind die Kosten für Gas, Fernwärme oder Strom massiv gestiegen.

Hätten wir die Modernisierungsmaßnahmen nicht durchgeführt, wären die Energiekosten, die unsere Kundinnen und Kunden zu zahlen haben, noch höher gewesen, als sie jetzt trotz gestiegener Energiekosten nach der Modernisierung „nur“ sind.

Über die energetische Ausstattung der Wohnung hinaus ist Ihnen ein Thema besonders wichtig: die Wohn‑ bzw. Lebensqualität Ihrer Mieter. Worum geht es Ihnen dabei?

Wir verbinden mit der Modernisierung am und im Gebäude selbst auch immer Maßnahmen, die im Umfeld stattfinden. Das sind insbesondere die Außen‑ oder Grünanlagen, die wir auch im großen Umfang in dem Zuge mit erneuern. Wir setzen in der Regel alle Maßnahmen um, die die Gemeinschaft fördern. Wir möchten Plätze schaffen, an denen man sich treffen kann. 

Wir haben auch so illustre Dinge getan, wie Bienenstöcke in Wohnanlagen aufzustellen. Ein Thema, das mehrheitlich ankommt.

Wir haben bei der letzten Großmodernisierung zur Schaffung von Gemeinschaft, des Sich‑Treffens und Organisierens von Nachbarschaft auch mal eine zeitlang Hühner und Schafe auf einer großen Außenanlage positioniert. Das wurde sehr gut angenommen. Den Menschen gefiel es, sich kümmern zu können. Wir begleiten mit dem Modernisierungsschritt am Gebäude auch immer Maßnahmen, die sich im Bereich der Gemeinschaftsflächen bewegen.

Unsere Sozialarbeiter, die wir im Hause haben, sind bei so etwas immer eingebunden und geben Empfehlungen, was für das spezielle Quartier und die Menschen dort getan werden kann.

Es sind auch Projekte, die neben den Umfeld‑Investitionen parallel gestartet werden, wenn möglich gerne mit Bewohnerbeteiligungen. Wir achten dabei auf einen ganzheitlichen Ansatz. Dieser ist ein Stück weit Grundlage dafür, dass wir – wie in den vergangenen Jahren und auch in der Zukunft erwartbar – die Mittel des Landes NRW für die Modernisierungen ebenso in dem gewünschten Umfang bekommen. Zurecht achtet das Land darauf, dass bei der Vergabe so hoher Mittel nach Essen Maßnahmen umgesetzt werden, die insgesamt ein Quartier in seiner Entwicklung fördern und stabilisieren.

Der Allbau schafft Plätze, an denen man sich trifft.

Sie haben ein eigenes Ausbauprogramm zum Thema Photovoltaik – was bedeutet das?

Wir haben ein PV‑Ausbauprogramm im letzten Jahr entschieden, dass wir mit jedem Neubau, den wir bauen und bei jeder Modernisierungsmaßnahme, die wir umsetzen, die Dächer mit einer PV‑Anlage ausstatten. Natürlich immer nur da, wo es geht.

Es gibt Dächer, die sind verschafftet. Da braucht man keine Anlage draufzustellen. Es ist künftig immer Bestandteil der Modernisierungen, in jedem Falle auch immer für eine erneuerbare Energiequelle auf dem Dach zu sorgen. Das allerdings, ohne es mietrelevant im Rahmen der Modernisierungskosten auf die Mieter umzulegen. Dies sind Themen, die laufen außerhalb dieser Modernisierungskosten, die der Mieter letztendlich auch über die Miete zu tragen hat.

Die Quartiersentwicklung. Was macht der Allbau speziell für die Nachbarschaft?

Wir haben im Bereich der Schaffung des Projektumfangs bei den Modernisierungen immer Maßnahmen eingestreut, wie Außen‑ oder Grünanlagen zu erneuern oder Gemeinschaft zu organisieren, z. B. indem wir Schafe eine Zeit lang aussiedeln. Aber wir haben ein grundsätzliches Verständnis, dass egal, ob im Rahmen einer Modernisierung oder der normalen Bestandsbewirtschaftung dieser Immobilien, wir sehr viel tun für das Zusammenleben in unseren Wohnquartieren. In unserem eigenen Sozialmanagement, in dem Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter beschäftigt sind, haben wir unter anderem Kinderbeauftragte und Senioren‑ beauftrage, die sich eben um Quartiersarbeit kümmern. Das ist in der Regel das Organisieren von Projekten im Zusammenwirken mit anderen Trägern wie AWO, Caritas und Diakonie, wo es darum geht, z. B. Hausaufgabenbetreuung für Kinder zu organisieren, oder um Sprachförderung für Quartiere, wo wir einen hohen Anteil an Mietern mit Migrationshintergrund wohnen haben. In unseren Wohnquartieren in den SüdOstHöfen haben wir mit dem Haus Storp9, einer besonderen Einrichtung, einen Raum geschaffen, der von einem dritten Träger mitbetrieben wird, wo auch Dinge wie ein Computerclub angeboten werden.
Da geht das Angebot sehr weit und es dient natürlich auch der Stabilisierung von Nachbarschaften. Sie müssen sich vorstellen, wir haben Senioren, wir haben junge Leute mit unterschiedlichster ethnischer Herkunft – da muss man das wechselseitige Verständnis von Wohnen nahebringen. Das sind Themen, die sehr intensiv behandelt werden. Ich glaube, dass wir dabei auch tatsächlich sehr erfolgreich sind und mit dem Umfang, in dem wir dort tätig sind, hinsichtlich der Wohnungswirtschaft in Essen der Marktführer sind.

Welche Ziele verfolgt der Allbau im Bezug auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit? Und wie werden sie umgesetzt?

Die Bundesregierung hat Klimaschutzziele für die verschiedenen Sektoren, die es in Deutschland gibt, definiert. Wir agieren im Gebäudesektor und auch für uns gilt, dass die Immobilienbestände der Allbau GmbH bis 2045 klimaneutral sein müssen. Ein sehr anstrengender Weg, der zum einen erreicht wird über die Modernisierungen der Gebäude. Dazu zählen das Thema Photovoltaik‑Ausbau, um an Ende Strom aus grüner Energie zu liefern und natürlich auch Maßnahmen im Bereich der Umstellung von Wärmeerzeugungsanlagen auf Anlagen, die ohne fossile Brennstoffe auskommen. Die Zeit ist knapp bis 2045. Wir haben einen sogenannten Klimaschutzpfad definiert, um aufzuzeigen, wie wir das Ziel bis 2045 erreichen wollen. Da sind unterschiedliche Maßnahmen zusammengemixt, um diesen Weg auch wirklich erfolgreich begehen zu können. Sehr anstrengend, es kostet viel Geld, aber der Weg ist nun eben alternativlos. Auch wenn wir Immobilieneigentümer kennen, die sagen, es ist nicht erreichbar, so glauben wir nicht, dass es zielführend ist, die Themen nicht anzugehen. Von daher haben wir ein festes Ziel. Dafür haben wir ein eigenes Klimaschutzreferat im Hause eingerichtet, um konsequent die einzelnen Schritte anzugehen, die dafür notwendig sind.
 
Sie berichten über Fördermittel des Landes NRW. Wie gelingt es Ihnen, diese zu erlangen?

Es gelingt uns jedes Jahr immer wieder über das Zusammenschneiden der Maßnahmen, entsprechende Mittel bei der Förderbehörde des Landes zu akquirieren. Dass wir damit sehr erfolgreich sind, zeigt, dass tatsächlich der größte Anteil aus dem Modernisierungstopf für Einzeleigentümer an die Allbau GmbH fließt. Wir haben die richtigen Instrumente und die richtigen Konzepte, um das Land zu überzeugen und sind sogar damit das zweite Mal Teil des Sonderprogramms Modernisierungsoffensive‑ Plus. Hierfür muss man noch mal ganz besondere Fördervoraussetzungen erfüllen. Da legt sich nicht jeder Immobilieneigentümer für hin und darum glauben wir auch, damit für das Land ein sehr wichtiger Partner in den letzten Jahren geworden zu sein.

Was ist für Sie ein entscheidender Grund für die Großmodernisierungen?

Die Modernisierungsmaßnahmen, die wir umsetzen, zielen natürlich insbesondere darauf ab, dass wir eine große Zufriedenheit in Bezug auf das Wohnen im Allbaubestand durch unsere Mieterinnen und Mieter schaffen. Wir haben traditionell sehr lange bei uns wohnende Menschen. In der Folge haben sie es auch verdient, dass sie in bestimmten Intervallen auch tatsächlich spüren und erleben, dass es sich lohnt, bei uns zu wohnen. Mit den Modernisierungen erlangen sie eine deutlich bessere Wohn‑Qualität, als es über Jahre davor der Fall war. Selbstverständlich dient es auch unternehmerischen Zielen, im Vordergrund steht für uns allerdings insbesondere das Wohl unserer Kundinnen und Kunden.